Anne Goldammer experimentiert mit verschiedenen modernen Rohstoffen um sinnvolle Produkte für die Zukunft zu entwickeln.
weiterlesenBei der Ausbildung zur gestaltungstechnischen Assistentin habe ich sie kennengelernt und jetzt, 14 Jahren später bei einer regionalen Messe für Kunst und Handwerk zufällig wiedergetroffen. Anne Goldammer ist mittlerweile freiberufliche Produktdesignerin und lebt seit zehn Jahren in Dresden.
Der Weg dorthin war kurven- und ereignisreich. Auf eine weitere Ausbildung zur Werbekauffrau ab 2005 bei Frankfurt/Main folgten eineinhalb Jahre Arbeit im Marketing bei einem internationalen Outdoorprodukte-Hersteller. Dort entdeckte sie ihre Leidenschaft für’s Entwerfen von Gegenständen, denn sie durfte sich selbst am Design von Rucksäcken für Kinder ausprobieren.
Mit diesen Erfahrungen im Gepäck und dem Heimweh im Herzen, zogen sie und Ihr Partner 2009 zurück nach Dresden, wo sie ein Bachelorstudium für Produktdesign aufnahm. Während der Studienzeit und eines Urlaubes in Island, wo sie der Umgang der Menschen mit ihrer direkten Umwelt schwer beeindruckt hat, wurde ihr buchstäblich nachhaltig bewusst, welchen positiven Einfluss sie selbst mit gutem Design auf die gesellschaftliche Entwicklung nehmen könnte. Vor Beendigung des Bachelorstudiums konnte sie praktische Erfahrungen in einem Berliner Designbüro sammeln und innerhalb eines halben Jahres Entwürfe für einen großen Gastronomiekonzern anfertigen. Diese sechs Monate waren ebenfalls sehr prägend für ihren zukünftigen eigenen Anspruch an das Design. Denn ein Teller ist ein Teller ist ein Teller … und der Sinn, ein so simples Produkt mit einer eindeutigen Funktionalität nach ständig neuen Trends, immer wieder neu zu stylen, erschloss sich ihr nicht wirklich. Diese Art der Produktentwicklung widerspricht von Grund auf ihrer Vorstellung der Nachhaltigkeit und Langlebigkeit.
Im Praktikum bei der Porzellanmanufaktur Raupach entwarf sie daher unter anderem ein Geschirrset, bei welchem die einzelnen Teile gleich mehrere Funktionen erfüllen. So zum Beispiel können Teller und Schüsseln kombiniert werden und in zwei Richtungen genutzt werden – also als Schale mit Deckel, oder Teller mit Käseglocke – und selbstverständlich jedes Stück für sich mit seiner gewohnten Aufgabe. Ganz nebenbei wird so Platz im Schrank und Aufwasch gespart. Ein pragmatisch-minimalistischer Ansatz, der Annes Vorstellung von einem guten Leben mit dem Fokus auf das Wesentliche deutlich macht.
2013 verbrachte sie ein Auslandssemester in Schweden und arbeitete dort gemeinsam mit Student*innen aus aller Welt und in Kooperation mit IKEA und IDEO, einer internationalen Design-Agentur, an der Küche der Zukunft. Dabei entwarfen sie und ihre Studienkolleg*innen Zukunftsszenarien gesellschaftlicher Entwicklungen und Problemstellungen und analysierten diese anhand von Interviews und Koch-Events. Zum Abschluss des experimentellen Projektes installierten die Student*innen vier Tage lang eine PopUp-Küche im Herzen der Stadt Lund, wo einander fremde Menschen zusammenkommen konnten, um gemeinsam zu kochen, zu essen und sich kennen zu lernen. Die Aufgabe von Designer*innen besteht in so einem Projekt darin, neue Möglichkeiten des kulturellen Miteinanders zu erschließen und diese zu testen.
Hin und wieder am Hadern mit ihrer Rolle als Designerin, entschied sich Anne vor Beendigung ihres Masterstudiums für zwei Urlaubssemester um sich der Produktentwicklung von der praktischen Seite zu nähern und dadurch neue Perspektiven darauf zu gewinnen. Zu diesem Zweck konnte sie einerseits zeitweilig bei einem Tischler arbeiten, wo sie eigene Entwürfe handwerklich umsetzte.
Zum anderen konnte sie sich in der Manufaktur Raupach intensiv mit dem faszinierenden Werkstoff Porzellan auseinandersetzen.
Seit Abschluss ihres Masterstudiums 2015 arbeitet sie heute für verschiedene Kund*innen unter anderem in der Lausitz, für namhafte Kosmetikhersteller*innen, Handwerksbetriebe und in Kooperation mit Forschungseinrichtungen.
Bei der Produktentwicklung setzt Anne auf Experimente und einen iterativen Prozess. Sie nimmt die Dinge, die sie entwirft, gern in die Hand und feilt buchstäblich Schritt für Schritt an den Details. Ihre Mock-Ups und Prototypen baut sie je nach Bedarf in der eigenen Werkstatt, mit dem 3D-Drucker oder in Zusammenarbeit mit Betrieben der Region.
Anne arbeitet intensiv daran, nachhaltiges Design weiter voran zu bringen und das Bewusstsein ihrer Kund*innen für ihre Verantwortung in der Produktentwicklung zu schärfen. Deshalb bietet sie künftig Workshops an, die Betrieben aus der Region die Möglichkeiten nachhaltigen Designs in der Produktentwicklung aufzeigen sollen.
Dabei geht es ihr nicht um maximale ökologische Perfektion, sondern darum, einfach loszulegen und in realistischen Schritten gemeinsam mit ihren Kund*innen viel zu erreichen. Sie möchte Lust auf Veränderung machen – unter anderem mit spannenden neuen Materialien, die sie von diversen Hersteller*innen weltweit für ihre Materialbibliothek zusammenträgt. Diese hat von Fellimitat aus Hanf, Bambusfurnieren, Biokunststoffen, recycelten Steinplatten bis hin zu Wandpaneelen aus gepressten Kiefernnadeln bereits einiges zu bieten und wächst stetig weiter.
Viele Anschauungsbeispiele und weitere Informationen zu Anne Goldammer und ihrer abwechslungsreichen Arbeit als Produktdesignerin findet Ihr unter: www.horizontundsphaere.de