Die Geschichte von Dorit Baumeister ist stark verknüpft mit der von Hoyerswerda-Neustadt, denn beide haben sich gegenseitig sehr geprägt.
weiterlesenDie Neustadt von Hoyerswerda ist in den 50er Jahren in der noch jungen DDR geplant worden als Stadt der Zukunft – von Grund auf neu gebaut vor den Toren der Altstadt als Vorzeige-Arbeiter-Siedlung, in der sich junge Menschen aus der ganzen Republik niederlassen sollen um Familien zu gründen und ihre Arbeit im Braunkohlekraftwerk Schwarze Pumpe zu verrichten.
Zu diesen jungen Menschen, die die Region neu besiedelten, gehörten auch die Eltern von Dorit Baumeister, die in der Neustadt heimisch wurden und ihre Tochter hier aufzogen.
Innerhalb von 30 Jahren wuchs die Hoyerswerdaer Bevölkerung um das 10-fache auf über 70.000 Einwohner Mitte der 80er Jahre.
Ebenfalls in den 80ern verließ Dorit Hoyerswerda, studierte in Cottbus Bauingenieurwesen um anschließend nach Zwischenstopps in Berlin und Regensburg Anfang der 90er zurückzukehren und ins Architektur-Büro ihres Vaters einzusteigen.
Mit der Wende kam die Abwanderung.
Mit der politischen Wende und dem Ende der DDR 1989/90 kam der Niedergang der Industrie und machte auch vor Hoyerswerda nicht Halt. Die Bevölkerungsentwicklung der vergangenen Jahrzehnte kehrte sich ins Gegenteil und brachte eine enorme Abwanderung mit sich.
Dorit Baumeister aber blieb und sah sich als Architektin, deren Aufgabe für gewöhnlich die Planung neuer Gebäude und Stadtviertel ist, mit der Schrumpfung ihrer Heimatstadt vor einer völlig neuen Herausforderung.
Gemeinsam mit vielen Kulturschaffenden und vor allem den Bürger*innen und Bewohner*innen der Neustadt organisierte und veranstaltete Dorit Baumeister medienwirksame Kulturevents, Ausstellungen und Installationen begleitend zum Rückbau der Wohnkomplexe.
So wurden beispielsweise ganze Plattenbau-Karrees in den Wochen vor ihrem Abriss von unzähligen Künstlern und ehemaligen Bewohner*innen kunstvoll und farbenfroh gestaltet und sich in dieser Weise erstmalig öffentlich mit dem Thema des Weggangs und der De-Industrialisierung auseinandergesetzt. Dieser Verwandlungsprozess wurde mit großem Interesse verfolgt von Presse, Gesellschaftsforschern und internationalen Fernsehteams und in anschließenden Ausstellungen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Gemeinsam Kunst schaffen, um den Verlust der Einzelnen zu verarbeiten.
Die Abwanderung der eigenen Kinder und der Rückbau der Stadt, in der man aufgewachsen ist und in die man seine Lebensleistung investiert hat, ist für viele Hoyerswerdaer ein schmerzvoller Einschnitt in die persönliche Biografie. Für viele dagebliebene Einwohner*innen der Neustadt wie auch für Dorit selbst, bot die künstlerische Auseinandersetzung mit dieser Erfahrung eine unschätzbar wertvolle Möglichkeit, den persönlichen Verlust zu verarbeiten und sich gleichzeitig Optionen für die Zukunft zu erarbeiten.
Als schlüssige Konsequenz ihres langjährigen Engagements für ihre Heimatstadt stellte sich Dorit Baumeister 2020 als parteilose Kandidatin zur Wahl der neuen Oberbürgermeisterin.
Trotz einer breiten Unterstützung von Linken, Grünen und Aktives Hoyerswerda konnte sie sich nicht gegen Torsten Ruban-Zeh von der SPD durchsetzen.
Heute leitet Dorit Baumeister das Baureferat in Weißwasser und möchte mit ihrer Expertise und ihrem Pragmatismus frischen Wind in die Verwaltung bringen um die Zukunft der Stadt positiv mitzugestalten.